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Blick in mich

Selbst-Diagnose


Blick in mich

Wo war sie auf einmal, die Glut in mir, die immer wieder eine lodernde Flamme entfachte?
War sie ausgezogen oder sogar gestorben?
Wo ist auf einmal all meine Energie hin?
Habe ich sie etwa komplett verbraucht?
Ich brauche diese Glut und die Flamme so sehr, ohne sie ist meine Energie dahin!
Ich schaue ganz tief in mich. Verdammt ich kann sie nicht finden. Irgendwo muss doch wenigstens noch ein Fünkchen Glut sein, wenigstens ein kleines bisschen.
Wenn ich sie nähre, könnte sie wieder wachsen und mich stark machen.
So sehr ich auch suche, ich finde nichts.
Habe ich sie ertränkt, als ich neulich ein Bier zu viel trank?
Hat der Rauch der Zigaretten sie erstickt?
Oder haben meine Ängste sie erdrückt?
Ich brauche diese verdammte Glut zurück! Und die Flamme! Und die Energie!
Wo soll ich noch suchen?
Ohne Energie kann ich nicht leben. Energie Scotty, zu rufen funktioniert einfach nicht!
Wo sind sie nur hin, meine Energie, meine lodernde Flamme und meine Glut?
Ich suche in jedem Winkel meines Körpers, sehe wie mein Herz brav pumpt.
Der Anblick gefällt mir und ich verharre etwas.
Welche Meisterleistung der Natur denke ich.
Eine Pumpe aus Fleisch und Blut, die ohne Wartung und Ölwechsel manchmal über hundert Jahre hält.
Etwa 250 Millionen Liter Blut wird es am Ende durch mich gepumpt haben.
Ist es noch weit bis zu diesem Ende, oder ist es schon ganz nah?
Da sind sie wieder diese schleiß Ängste, und ich habe keine Flamme um sie einfach zu verbrennen!
Kann man Ängste überhaupt verbrennen? Zu was verbrennen sie? Na klar, sie werden zu Glut!
Aber ich kann sie nicht verbrennen, mir fehlt diese verdammte lodernde Flamme.
Soll ich einfach ein brennendes Feuerzeug verschlucken? Ich trau mich nicht!
Vom Herz wandert mein Blick zur Lunge. Sie sieht gut aus. Langsam und stätig verrichtet sie ihren Dienst.
Oh je ein schwarzer Fleck! Nein doch nicht, es war nur ein Schatten.
Wird die Lunge solange wie mein Herz halten? Bis dahin werden etwa 300 Millionen Liter Luft durch sie geflossen sein. Was wenn sie nicht so lange durchhält?
Wieder sind sie da diese blöden Ängste. Und ich habe keine Flamme!!!
Warum kann man Ängste nicht ersäufen, ersticken oder zerquetschen?
Ich will keine Angst! Ich will Energie! Ich will Flamme! Ich will Glut!
Mein Blick wandert zum Magen. Er sieht müde und träge aus, obwohl ich ihn sehr selten überlaste.
Wird er der erste sein der nicht mehr kann? Er wird sicher durchhalten.
Hat die Angst jetzt geschlafen? Sie hat mich nicht erwischt. Oder ist es wieder da mein Feuer?
Aber da ist nichts.
Vorhin hatte ich wenigstens noch etwas, auch wenn es nur Angst war!
Jetzt habe ich absolut nichts mehr, keine Angst, keine Energie, keine Flamme, nicht einmal ein Fünkchen Glut.
Ich brauche aber irgendetwas. Ich kann doch nicht völlig leer durchs Leben gehen!
Angst ist nicht gut, aber nichts ist noch viel schlimmer!
Wenn nichts mehr in mir ist, wer bin ich dann noch? Bin ich nichts? Bin ich tot?
Wie durch einen dichten Nebel höre ich eine leise Stimme.
Sie sagt, du bist nicht leer. In dir leben noch die Liebe und die Hoffnung!
Ich entspanne mich ein wenig.
Auf einmal sehe ich in mir ein warmes leuchten. Nur ganz schwach, kaum zu erkennen.
Ist das meine Glut, das letzte Fünkchen? Ich liebe diese Glut und hoffe so sehr das sie wieder stark wird.
Jetzt sehe ich sie deutlich, sie wird immer stärker und es kommt bereits ein Flämmchen aus ihr.
Das gibt mir wieder neuen Mut! Meine Energie ist wieder da und aus dem Flämmchen ist ein Großbrand geworden. Ein Vulkan explodiert in mir!
Ich muss raus. Ich muss rennen. Ich muss schreien, um diese Energie zu verarbeiten!
Jetzt wird mir klar, was meiner Glut gefehlt hat und meiner Flamme und meiner Energie.
Ich habe sie nicht erstickt, nicht ersäuft und nicht zerquetscht.
Doch ich hätte sie beinah verhungern lassen!
Jetz haben sie wieder Nahrung. Liebe, Hoffnung und Zuversicht.
Harmonie, Mut und Glück stehen auch auf ihrer Speisekarte
und ich bin so glücklich, dass ich sie endlich wiederhabe, meine Glut, meine lodernde Flamme und meine Energie.
Juhuu, ich habe sie wieder, meine Glut, meine lodernde Flamme, meine Energie, meine Hoffnung, meine Zuversicht und meinen Mut!
Und die Angst ist zu Glut geworden!
Keine Stunde will ich versäumen,
ich will nicht nur vom Leben träumen.
Und steht der Sensenmann irgendwann vor mir, sag ich ok, ich hab gelebt.


Peter Ritter